Gewehre von Abnahmeinspektoren

In der schwedischen Armee war es üblich, dass jede neu produzierte Waffe vor der Übergabe an die Truppe durch einen Abnahmeinspektor  geprüft wurde. Bei diesen Abnahmeinspektoren handelte es sich um speziell ausgebildete Offiziere, die ihre Qualifikation als Waffenoffizier in einem sogenannten "Vapenofficerkurs" (VOK) erwerben mussten. Die von der Firma Mauser Oberndorf gelieferten Gewehre wurden erstmals 1898 in den Lehrplan aufgenommen, und blieben bis ins Jahr 1942 auch dessen Bestandteil.

Bestandteil der Abschlussprüfung dieses VOK war, dass die Offiziere ein eigenes Gewehr anzufertigen hatten.  Diese Meisterstücke zeichneten sich insbesondere dadurch aus, dass sie hinsichtlich der Holz- und Metallverarbeitung äußerst hochwertig und präzise hergestellt wurden. Nach Abschluss der Meisterprüfung wurde das jeweilige Gewehr dem Waffenoffizier als persönliches Eigentum übergeben.


Um diese Meister-Gewehre von den an die Truppe normal ausgelieferten Gewehren zu unterscheiden, wurden sie auf spezielle Weise gekennzeichnet, bzw. wiesen folgende Merkmale auf: 

  • Ab dem Jahr 1904 war es üblich, den vollen Namen des Waffenoffiziers auf den linken Gehäuseseite aufzubringen
  • Alle wesentlichen Teile bekamen anstelle der üblichen letzten drei Ziffern der Seriennummer einen sogenannten "Kassaktionsstämpel" in Form eines + - Zeichens
  • Die Gewehre verfügten nicht über die übliche Kennzeichnung mit den Initialen des Abnahmeinspektors
Leider existieren keine offiziellen Aufzeichnungen mehr über die Lehrprogramme, Ausbildernotizen oder Teilnehmerlisten der schwedischen Armee oder der Carl Gustafs Stads Gevärsfaktori in den schwedischen Regierungsarchiven, an Hand derer man die Informationen belegen könnte. Die Forschung zu den Waffen der Waffenoffiziere beschränkt sich auf die Untersuchung und Dokumentation der einzigen vorliegenden greifbaren Beweise: die erhaltenen Waffen selbst. Die amerikanischen und schwedischen Fachleute aus dem amerikanischen Gunboards Forum (allen voran "Hejsan" und "Swede") haben in akribischer Kleinarbeit die Thematik aufgearbeitet und auch eine Liste aller bekannten m/96-Meisterwaffen zusammengestellt. Das hier vorgestellte Gewehr aus dem Besitz eines deutschen Sammlers ist dort auch aufgeführt. Viele der hier niedergeschriebenen Erkenntnisse habe ich neben dem Studium der einschlägigen Literatur in erster Linie den Informationen der Kollegen aus dem "Gunboards Forum" zu verdanken

Wie die Forschungen ergeben haben, trugen nicht alle dieser Gewehre den Namen des Waffenoffiziers. Im Zeitraum von 1898 bis 1904 gibt es nachweislich Gewehre, die statt des Namensschriftzuges auch nur eine Seriennummer tragen.  Ansonsten erfüllen sie aber alle oben genannten Merkmale. Das hier vorgestellte Gewehr aus dem Jahre 1902 aus dem Besitz eines deutschen Sammlers ist in der oben genannten Liste auch aufgeführt, und zählt zu einer diesen wenigen Ausnahmen. Für die Zurverfügungstellung der hier verwendeten Fotos gilt mein ausdrücklicher Dank.

Übrigens: Genau dieses Gewehr ist bereits im Jahr 1990 in Carsten Schinkes Buch "Die leichten schwedische Infanteriegewehre Armee und Heimatwehr " auf den Seiten 74 bis 76 beschrieben. 

Da es in den oben genannten rund 40 Jahren nur vergleichsweise wenige dieser Waffenoffiziere gab, liegt es nahe, dass auch die Anzahl der insgesamt angefertigten Meister-Gewehre sehr gering ist. Dokumentiert sind derzeit ca. 34 Stück. Das macht sie für Sammler zu äußerst begehrten Objekten. Aber die Wahrscheinlichkeit, jemals ein solches Gewehr auf dem Markt angeboten zu finden.... nun ja, spielen Sie lieber Lotto, die Wahrscheinlichkeit dürfte um ein Vielfaches höher sein.



Alle wesentlichen Teile weisen neben den üblichen letzten drei Ziffern der Seriennummer auf dem Magazinkastendeckel, dem Ober- und Unterring, und dem Visier den sogenannten "Kassaktionsstämpel" in Form eines + auf.


An der Unterseite der Schulterstütze ist statt den üblichen schwedischen Inspektionsstempeln lediglich die Abkürzung "GP" zu finden. Es lässt vermuten, dass es sich um die Initialen des Waffenoffiziers handelt, der dieses Gewehr als Meisterstück hergestellt hat. Leider sind die Initialen "GP" keinem bekannten Waffenoffizier zuzuordnen.